15.02.2023
Wenn Menschen an Demenz erkranken, brauchen auch Angehörige Hilfe. Fachleute der Alzheimer-Gesellschaft in Rostock erklären, wie man damit umgehen kann, wenn Gedächtnis und Orientierungssinn schwinden. (von Katja Bülow, Ostseestudio Rostock) Zum ganzen Artikel >>>
Manfred und Christa sind die ersten, die sich beim Tanzcafé im
Rostocker Stadtteil Lütten Klein auf‘s Parkett wagen. Der 85-Jährige
pflegt seine demente Frau seit Jahren, kann sie mittlerweile keine
Minute mehr alleine lassen. Ihr Gedächtnis funktioniert oft nicht mehr
und auch ihre Persönlichkeit hat sich verändert. Beim Tanzen aber haben
die beiden ein Lächeln auf dem Gesicht.
Wenn nahe Angehörige an Demenz erkranken, dann ist das für alle
Familienmitglieder und enge Freunde eine große Herausforderung. Rund
neun Prozent aller Deutschen, die älter sind als 65 Jahre, leben mit der
Diagnose. In Mecklenburg-Vorpommern, wo überdurchschnittlich viele
Ältere zuhause sind, sind es momentan etwas mehr als 33.000 Menschen. In
der neuen Folge unseres Podcasts Dorf-Stadt-Kreis "Demenz hat niemand
allein – Hilfsangebote in der Region Rostock" geben Expertinnen und
Experten Tipps, was Betroffene und ihre Angehörigen tun können.
Hausarzt und Fachärztin Hand in Hand
Schon die Diagnose birgt Tücken, sagt Kathleen Schluricke von der
Alzheimer Gesellschaft mit Sitz in Rostock. Die Krankheit sei zu Beginn
nur phasenweise spürbar und es könne passieren, dass die Betroffenen
gerade dann, wenn sie dem Arzt oder der Ärztin gegenüber sitzen,
vollkommen klar sind. Nach ihrer Erfahrung ist es darum sinnvoll, wenn
ein Angehöriger mitkommt und auf Probleme hinweist. Gibt es einen
Verdacht auf Demenz, sollte der Hausarzt an Fachärzte überweisen.
Gedächtnissprechstunden im Nordosten
Eine wichtige Hilfe sind in den Augen Schlurickes die sogenannten
Gedächtnissprechstunden der Kliniken und des Deutschen Zentrums für
Neurodegenerative Erkrankungen beispielsweise in Rostock, Wismar und
Greifswald.
Dort werden Betroffene ganz genau darauf untersucht, wo die
Ursachen für Störungen liegen, so dass anschließend die Behandlung
bestmöglich darauf abgestimmt werden kann.
Wichtigstes Rezept: Weiter aktiv bleiben
Ist die Diagnose erst einmal gestellt, ist es wichtig, den
Erkrankten weiter die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu
ermöglichen. "Das hält wach und hilft gegen Vereinsamung", so
Schluricke. In Rostock gibt es zum Beispiel das Tanzcafé im Lütten
Kleiner Mehrgenerationenhaus. Und seit Sommer 2022 stellt der Verband
der Gartenfreunde einen sogenannten Aktivgarten zur Verfügung. Hier
können Demenz-Betroffene gemeinsam mit anderen Unkraut rupfen, Möhren
ziehen oder Äpfel ernten. Die 81-jährige Helga Häfke war im vergangenen
Jahr eine derjenigen, die sich dort regelmäßig getroffen haben. Die
Frau, die selber auf dem Land aufgewachsen ist, schwärmt: "Hier sind Beete, hier sind Bäume und da sind Spinnen in de Bäume. Wir haben was zu tun."
Hilfe für Pflegende
Auch für pflegende Angehörige gibt es mittlerweile etliche
Unterstützungsangebote von Selbsthilfegruppen über Helferkreise, also Ehrenamtliche, die sich stundenweise um Demenzkranke kümmern, bis hin
zur betreuten Auszeit in einer Reha oder in einem Urlaub, bei dem
Demente einfach mitkommen und von Fachleuten parallel betreut werden.
Infos über konkrete Projekte im Land bietet der Demenz-Kompass, eine Online-Datenbank der Alzheimer-Gesellschaft. NDR Reporterin Katja Bülow und Podcast-Host Mirja Freye sprechen in der Folge
NDR Reporterin Katja Bülow und Podcast-Host Mirja Freye sprechen in der Folge "Demenz hat niemand allein – Hilfsangebote in der Region Rostock“ auch über Möglichkeiten, wie Angehörige und enge Freunde lernen können, besser und fröhlicher mit den Erkrankten umzugehen. Damit der Alltag für alle ein kleines bisschen leichter wird.