28.03.2019
Frechen, 26. März 2019. „Wir haben einiges erreicht und können stolz darauf sein, aber es gibt auch noch viel zu tun“, sagt Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) zum Jubiläum der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Am heutigen 26. März 2019 jährt sich das Inkrafttreten der UN-BRK in Deutschland zum zehnten Mal. Das Übereinkommen konkretisiert die bislang existierenden Menschenrechtsabkommen aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung.
Die
UN-BRK stellt die Pflichten der Staaten heraus, die bestehenden
Menschenrechte für alle Menschen vollumfänglich zu gewährleisten. Rechte
auf Selbstbestimmung, Diskriminierungsfreiheit und volle
gleichberechtigte Teilhabe sollen in allen Bereichen des
gesellschaftlichen Lebens geltend gemacht und damit der
Inklusionsgedanke auch in allen Handlungsfeldern des Sports eingeführt
und umgesetzt werden. Der
DBS stellt zum Jubiläum fest, dass die inhaltliche Arbeit sowohl beim
Bundesverband als auch in den Landes- und Fachverbänden Früchte trägt.
Vielfältige Maßnahmen wie der „Index für Inklusion im und durch Sport“,
das „Handbuch Teilhabe und Vielfalt – Qualifikationsinitiative“ oder
auch das Projekt „MIA – Mehr Inklusion für Alle“ sind angestoßen oder
bereits mit Erfolg umgesetzt. Die Maßnahmen selbst sind dabei so bunt
wie das Thema Inklusion und haben verschiedene Ansätze. So zielt MIA auf
den Ausbau von zehn inklusiv-wirkenden Netzwerken und Kooperationen
zwischen örtlichen Strukturen, damit inklusive Sportlandschaften
entstehen. Menschen mit Behinderung sollen den Sozialraum aktiv
mitgestalten und ihr Wunsch- und Wahlrecht bei Sportangeboten ausleben.
Die Grundlage hierfür bildet der „Index für Inklusion im und durch
Sport”, der sich als Wegweiser an alle Akteure aus Sportverbänden und
-vereinen richtet, die ihre Kulturen, Strukturen und Praktiken inklusiv
gestalten wollen, um die Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit
Behinderung im Sport zu verbessern. „Schon
vor dem Inkrafttreten der UN-BRK hat sich der DBS für die
gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Sport
eingesetzt und schon immer die besonderen Möglichkeiten von Inklusion im
und durch Sport betont. Deshalb haben wir uns bei der Umsetzung der
UN-BRK als Bundesverband unter anderem intensiv in die Diskussion um das
Bundesteilhabegesetz eingebracht, während unsere Landes- und
Fachverbände in ihrer täglichen Arbeit wie auch mit einer Vielzahl an
Projekten dafür sorgen, dass Inklusion für die Sportlerinnen und
Sportler in unseren Vereinen real erlebbar wird“, sagt
DBS-Vizepräsidentin Breiten-, Präventions- und Rehabilitationssport, Katrin Kunert.
Auch
der Spitzensport trägt mit den Austragungen der Paralympischen Spiele
und der internationalen Events wie zuletzt der Rollstuhl-Basketball-WM
in Hamburg und der Para Leichtathletik-EM in Deutschland zu einer
nationalen Bewusstseinsbildung bei. Die Athletinnen und Athleten werden
zu Vorbildern in der gesamten Gesellschaft und inspirieren die Menschen
mit ihrem Tun und ihren Geschichten. Sportliche Wettkämpfe
transportieren gesellschaftliche Themen. Der Para Sport vereint
Höchstleistungen und menschliche Botschaften und hat damit auch die
Kraft, den Finger in die Wunde zu legen, wenn es beispielsweise um die
Barrierefreiheit im öffentlichen Raum geht. „Sport
überwindet Grenzen und bietet Möglichkeiten zur Teilhabe an der
Gesellschaft. Zweifelsfrei hat sich seit dem Inkrafttreten vor zehn
Jahren einiges getan. Dennoch muss sich noch vieles mehr ändern, damit
eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft Wirklichkeit wird.
Unüberwindbare Hürden sind in der Praxis viel zu häufig noch
Sportstätten, die nicht barrierefrei sind und somit das wohnortnahe
Sporttreiben für Menschen mit Behinderung einschränken. Diese Barrieren
müssen abgebaut werden: Im öffentlichen Raum, in Sportstätten – und auch
in den Köpfen. Darüber dürfen wir nicht nur reden, sondern müssen
handeln und Änderungen einfordern“, sagt DBS-Präsident Friedhelm Julius
Beucher und verweist auch auf die Entwicklungen in der Deutschen
Behindertensportjugend (DBSJ). „Zur selben Zeit, am gleichen Ort, in
getrennter Wertung findet Inklusion bei den Bundesfinals von Jugend
trainiert für Olympia und Paralympics seit nunmehr sieben Jahren statt“,
betont Lars Pickardt, Vorsitzender der DBSJ. Diese gelebte
gleichberechtigte Teilhabe wird ganz aktuell nochmals durch die
Entwicklung und Nutzung eines neuen, gemeinsamen Logos unterstrichen.
Trotz
des intensiven Engagements des DBS und weiterer Sportverbände im Rahmen
der Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes wurde den Forderungen des
organisierten Sports nicht ausreichend entsprochen. Kritikwürdig bleibt
beispielsweise der geschlossene Bildungskatalog, der Leistungen zur
Erwachsenenbildung und insbesondere außerschulische Bildung weiterhin
außen vorlässt. Somit fehlt für Menschen mit Behinderung nach der ersten
Berufsausbildung die dringend notwendige Unterstützung, um weitere
Bildungsangebote wie die Ausbildung zum Übungsleiter wahrnehmen zu
können. Die Übernahme eines Ehrenamts im Sport bleibt auch dadurch
erschwert, da das Gesetz darauf verweist, dass Unterstützungsleistungen
vorrangig durch Nachbarn oder Freunde erbracht werden sollen. Diese
gesetzlich erzeugten Abhängigkeiten stehen einer gleichberechtigten
Teilhabe nicht nur im Sport derzeit noch entgegen. Maßstab für ein
Bundesteilhabegesetz muss jedoch die UN-Behindertenrechtskonvention
sein, um eine gleichberechtigte und gesellschaftliche Teilhabe aller
Menschen zu gewährleisten. „Menschen mit Behinderung haben nicht nur das
Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am aktiven Sporttreiben, sondern
auch an der Tätigkeit in Vorstandsämtern und als Übungsleitende.
Qualifizierung ist ein Schlüsselaspekt von Inklusion, weshalb der DBS
seine Übungsleiterausbildung auf das System des Blended Learning
umstellen wird, um Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte
Teilhabe an der Aus- und Fortbildung im Behindertensport zu
erleichtern“, so DBS-Vizepräsidentin Bildung und Lehre, Dr. Vera Jaron.
„Es
bleibt eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft und
insbesondere für die deutsche Sportlandschaft, mehr Menschen mit
Behinderung zum Sport zu bringen. Wenn 46 Prozent der Menschen mit
Behinderung angeben, nie Sport zu treiben, dann liegt ganz klar noch
viel Arbeit vor uns“, motiviert Friedhelm Julius Beucher den gesamten
Deutschen Behindertensportverband mit all seinen Mitgliedern zum
Jubiläum der UN-BRK. Anlässlich dieses Jubiläums nimmt der DBSan
dem Freundschaftsspiel des Inklusionsteams des DOSB gegen den FC
Bundestag am 2. April in Berlin teil und setzt das Thema als Schwerpunkt
für den Parlamentarischen Abend am 3. April in der
Hauptstadtrepräsentanz der Allianz.
Markéta Marzoli
Leiterin Kommunikation & Events Director Communication & Event
Deutscher Behindertensportverband e.V.
National Paralympic Committee Germany
Im Hause der Gold-Kraemer-Stiftung
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