18.07.2016
Vom 15. bis 17. Juli fanden im Berliner Jahn-Stadion an der Cantianstraße die diesjährigen Internationalen Deutschen Meisterschaften der Handicap-Leichtathleten statt. Bei den Aktiven sind diese internationalen Meisterschaften gleichzeitig Bestandteil der Grand Prix-Serie des Internationalen Paralympischen Sportverbandes. Im olympischen und paralympischen Jahr 2016 nutzten ca. 500 Athleten aus 46 Nationen die Berliner Meisterschaften als vorletzten internationalen Test vor den Paralympischen Spielen Anfang September in Rio.
Während
bei den Männern und Frauen sowohl internationale "Masse und Klasse"
am Start war, waren die Teilnehmerfelder bei den Jugendlichen hingegen sehr
übersichtlich. Das ist besonders schade, weil sich die Berliner Organisatoren
sehr viel Mühe in der Vorbereitung gegeben haben. Aus Greifswald war ein
fünfköpfiges Nachwuchsteam der HSG Universität Greifswald mit viel Erfolg am
Start. 19 Medaillen - 10 Gold-, 5 Silber- und 4 Bronzemedaillen waren im
Gepäck, als sie am späten Sonntagnachmittag die Heimreise antraten.
Nils
Krake, der Jüngste im Team der HSG-Abteilung "Leichtathletik
inklusiv", ging beim Kugelstoßen, beim Diskuswurf und beim Ballwurf an den
Start. Zum Auftakt sicherte sich der zwölfjährige Schüler der Greifswalder
Caspar-David-Friedrich-Schule den Titel und die Goldmedaille mit der 3kg-Kugel
mit sehr guten 5,98m. Beim Diskuswerfen glänzte Nils, der eine
Unterschenkelprothese trägt, mit persönlicher Bestleistung von 17,75m -
ebenfalls Platz eins. Am Ende eines langen Wettkampftages stand dann der
Ballwurf auf seinem Wettkampfplan. Hier haderte er lange mit sich selbst. Im
letzten Versuch erzielte er 32,00m und freut sich letztendlich über eine
Silbermedaille.
Tom Schulz, Vincent Fischer und Lindy Ave (alle Auszubildende des BBW Greifswald und Athleten am Landesleistungszentrum in Greifswald) starteten in Berlin sowohl am Freitag in der Altersklasse U20 als auch am Samstag und Sonntag bei den Erwachsenen.
Lindy
Ave, die zwei Wochen zuvor bei den Jugendweltmeisterschaften in Prag die Titel
über 100m und 200m sowie Bronze beim Weitsprung gewonnen hatte, nutzte den
Freitag sozusagen als Vorbereitung auf die wesentlich anspruchsvollere
Auseinandersetzung mit den internationalen Gegnerinnen am Samstag und Sonntag.
Über 100m erzielte sie als Siegerin sehr gute 13,55s. Nachdem Lindy bei den
letzten Wettkämpfen im Weitsprung mit Anlaufproblemen zu kämpfen hatte,
bestritt sie den Weitsprungwettbewerb höchst motiviert und konzentriert. Ziel
war es, ihre Ende Mai aufgestellte persönliche Bestleistung von 4,45m, die
gleichzeitig Normerfüllung für die Paralympischen Spiele im September in Rio
darstellten, noch einmal zu bestätigen. Das ist ihr eindrucksvoll gelungen. Mit
zweimal 4,33m sowie 4,29m und 4,26m gelang ihr in Berlin eine sehr gute
Sprungserie. Diese wurde mit einer weiteren Goldmedaille belohnt. Auch mit der
Kugel, eine Disziplin, die sie nur selten im Wettkampf absolviert, konnte Lindy
überzeugen. Mit guten 7,10m errang sie ihren dritten Jugendtitel.
Vincent
Fischer konnte in Berlin seine sehr erfolgreiche Saison ebenfalls mit drei
Goldmedaillen krönen. Der Rollstuhlfahrer erzielte gute 13,21m mit dem Speer,
5,59m mit der Kugel und 18,19m mit dem Diskus.
Einen
sehr guten Wettkampf absolvierte auch Tom Schulz. Er erzielte persönliche
Bestleistungen über 200m (28,32s, Platz zwei) und beim Speerwurf (21,79m, Platz
drei). Beim Weitsprung glänzte er mit hoher Anlaufsicherheit und einer sehr
guten Serie. Mit 4,28m (Platz zwei) verfehlte er seinen persönlichen Rekord nur
um fünf Zentimeter. Für 14,10s über 100m wurde er ebenfalls mit der
Silbermedaille belohnt.
Am
Samstag und Sonntag galt es für die Greifswalder Nachwuchsathleten, sich der
oftmals hochrangigen internationalen Konkurrenz in der Erwachsenenklasse zu
stellen. Lindy Ave wurde dabei den hohen Erwartungen, die sie aufgrund ihrer
bisherigen Saisonleistungen geschürt hatte, vollauf gerecht. Im 100m Vorlauf
egalisierte sie ihre Bestleistung trotz leichtem Gegenwind. Im Endlauf blies
der Wind leider deutlich stärker von vorn. Mit 13,76s siegte sie dennoch
souverän. Auch beim Weitsprung verhinderte der böige Gegenwind
Spitzenleistungen.Sie gewann erneut mit, unter diesen Bedingungen, guten 4,12m.
Hanna
Wichmann (tätig im Pommerschen Diakonieverein), Trainingskameradin am LLZ und
ebenfalls bei den Jugendweltmeisterschaften in Prag mit Gold und Bronze
erfolgreich, durfte sich über zwei Bronzemedaillen freuen. Beim Keulenwurf
erzielte sie gute 14,53m, mit dem Diskus steigerte sie sich auf sehr gute 7,61m,
die zugleich einen neuen deutschen Rekord in der Startklasse F 32 bedeuten.
Beim Kugelstoßen belegte sie trotz sehr guter 3,82m, und deutschem Rekord, den
undankbaren vierten Platz.
Tom
Schulz sprintete über 100m nach guten 13,93s als Sechster ins Ziel. Über 200m
wurde er für 28,88s mit Silber belohnt.
Nachdem
Vincent Schulz am Samstag im Kugelstoßwettbewerb der Rollstuhlfahrer in der
Startklasse F34 mit guten 5,31m den sechsten Platz belegte, konnte er sich am
Sonntag noch einmal deutlich steigern. Beim Diskuswurf, aktuell seine
"Paradedisziplin", belegte er mit ausgezeichneten 19,30m den
Bronzerang. Seine persönliche Bestleistung verfehlte er dabei nur um einen
halben Meter. Einen weiteren guten sechsten Platz konnte er mit dem Speer (13,09m)
belegen.
Mit den Internationalen Deutschen Meisterschaften ist die Wettkampfsaison der Para-Leichtathleten erst einmal beendet. Fast - Lindy Ave erhielt vor wenigen Tagen, aufgrund ihrer Saisonleistungen, eine Einladung zum IPC Grand Prix-Finale am kommenden Wochenende in London. Dieses wird am Samstag im Rahmen des Londoner Diamond League-Meetings im 2012er Olympiastadion ausgetragen. Dann gibt es im September auch noch die Paralympischen Spiele in Rio. Nachdem sie die Paralympianorm Ende Mai erfüllt hat, darf Lindy auf eine Berufung in das deutsche Paralympics-Team hoffen. Die Entscheidung fällt in den kommenden Tagen.
Jenns Golzow, LLZ Greifswald